Coaching – was ist das? Was ist es nicht? Und wie unterscheidet sich Coaching von Therapie? Gedanken über die Coaching-Definition
Was ist die richtige Coaching-Definition? Offensichtlich gibt es viel Unsicherheit, was die Vorgehensweisen beim Coaching betrifft. Manche Menschen überlegen sich, ob sie statt einer von der Krankenkasse finanzierten Psychotherapie lieber einige Stunden Coaching bezahlen. Dieser Beitrag will Licht in die Irrtümer bei den Coaching-Definitionen bringen.
Der klassische Coaching-Begriff und die Irrtümer bei der Coaching-Definition:
Mit dem Thema Coaching sind viele Mythen und unerfüllte Träume verbunden und damit auch die eine oder andere Coaching-Definition.
Menschen, die noch nie bei einem professionellen Coach waren, tragen oft den Mythos in sich, ein Coach wäre so etwas wie ein Wundermittel gegen alle Alltagsbeschwerden. Er könnte, ohne die Psyche zu tangieren, Verhalten stylen helfen und Erfolgsdesign leisten. Auf der Anbieterseite hängen viele Personen, die „Coach“ im Sinne einer solchen Coaching-Definition auf ihre Visitenkarte gedruckt haben, dem Traum vom großen Geld nach – auch solche, die viel Geld in imageträchtige Aus- und Weiterbildungen investiert haben.
Es ist kein Wunder, dass der Begriff „Coach“ nicht geschützt ist
Wer wollte auch ernsthaft und belastbar definieren, was genau ein Coach ist und was auf keinen Fall?
Die hier folgenden Betrachtungen sollen einerseits die gängigen Coaching-Definitionen in Abgrenzung zur Psychotherapie (und umgekehrt) in Frage stellen. Andererseits sollen sie zeigen, wodurch sich unsere Haltung und unser Handeln als Berater von dem streng als Coaches definierter Personen unterscheiden.
Die unsichtbare, oft nicht vorhandene Grenze zwischen Therapie und Coaching
Zwischen dem betriebswirtschaftlich orientierten Beratungsfeld für Manager und leitende Angestellte und dem privaten, sehr persönlichen Bereich verschwimmen die Grenzen nicht nur.
Es gibt zwischen beruflichem und privatem Kontext keine klare Grenze – wenn ein Berater bzw. Coach seine Aufgabe „ganzheitlich“, also umfassend erfüllt.
Nie kommt der gestresste Manager alleine in eine Sitzung. Immer dabei sind seine verletzlichen und verletzten Seiten, seine unerfüllten Anliegen, seine Ängste, seine Phasen der Niedergeschlagenheit und der vorübergehenden Aussichtslosigkeit. Deshalb ist eine Coaching-Definition, die Coaching auf den Job reduziert, einfach falsch.
Wer wollte hier unterscheiden können zwischen Manager-Themen, die ein Coach berühren darf, und anderen Themen, für die gemäß Begriffsdefinition Coach ein Psychotherapeut bzw. Arzt hinzugezogen werden müsste?
Wer das Ego-State-Prinzip verstanden hat, sieht den Menschen als wandlungsfähig nicht nur im Hinblick auf seinen Beruf und seine Lebensgestaltung; der Mensch ändert seinen Ich-Zustand nicht nur wöchentlich oder täglich, sondern stündlich, ja jede Minute und in Sekundenbruchteilen, je nach Kontext.
Der folgende Satz zeugt von entsprechend wenig Wissen bezüglich der psychologischen Phänomene, die im Zusammenhang mit dem Wunsch nach und dem Empfangen von Beratung auftreten:
Sound-Installation SONIC VISTA Frankfurt am Main – rote Kugel – Geräusche aus der Stadt. Welcher Sound kommt aus dem Büroalltag?
[Hintergrund zu SONIC VISTA – interessantes Kunst-Projekt, das auf der Frankfurter Deutschherrnbrücke zu bewundern ist]
Schon in der Coaching-Definition liegen Unterschiede zwischen Coaching und Psychotherapie
Wer definiert die Unterschiede, die zwischen Coaching und Psychotherapie angeblich bestehen? Sehr verkürzt ausgedrückt (in Form einer gewagten Coaching-Definition) ist Coaching das kurze, wenig emotionale Beraten – und Psychotherapie das emotionalere, lange dauernde Setting.
Die Seite coaching-report.de befasst sich mit Definitionen zum Thema Coaching. Unter Unterschiede zwischen Coaching und Psychotherapie führt sie folgende Eigenschaften und Kennzeichen auf:
Versuche, Zielgruppen zu definieren
Der Coaching-Report versucht folgendermaßen, die Lager zu trennen:
Zielgruppe von Coaching (laut Coaching-Report)
„In der Regel Personen mit Management-Aufgaben.“
Einwand aus unserer eigenen Beratungs-Praxis: Unternehmen sehen gerade auch bei sogenannten „einfachen Angestellten“ den großen Nutzen, den eine Kurzzeitberatung sowohl den Angestellten als auch ihren Vorgesetzten bieten kann.
Zielgruppe von Psychotherapie (laut Coaching-Report)
„Keine vorbestimmte Zielgruppe bzgl. Aufgabe oder Funktion.“
Das trifft nur eingeschränkt zu. Viele Personen, die eigentlich eine Psychotherapie suchen, wenden sich an einen Coach. Viele unternehmen dies aus versicherungstechnischen Gründen. Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen verlangen die schonungslose Offenlegung jeglicher psychotherapeutischer Leistungsinanspruchnahme.
Beim Verschweigen seitens des Versicherungsnehmers können die Versicherungen einen Vertrag entweder ablehnen oder sogar rückwirkend Verträge kündigen und Leistungen verweigern.
Schon der Versuch, eine gültige Coaching-Definition zu entwickeln, muss an sich scheitern.
Viele gehen zum Coach, um Ärger mit der Versicherung zu vermeiden
Es ist ein heikles Umfeld. Viele Menschen mit Existenzängsten, Depressionen und Erschöpfung landen bei einem Coach.
Und:
Welcher ökonomisch denkende Coach wird sich freiwillig entscheiden, eine Sitzung abzubrechen und den Klienten zu einem Psychotherapeuten zu schicken?
Ein professioneller Berater mit entsprechendem therapeutischen Hintergrund ist seinem Klienten gegenüber loyal. Ein rein auf Business-Themen fokussierter Coach (das kann man nur sein, wenn man sich an eine rein theoretische Coaching-Definition hält) kann einen wesentlichen und notwendigen Teil des Beratungsprozesses nicht bedienen: den Bereich, in dem berufliche Aufgaben, Karriere und Entfaltung untrennbar mit seelischen Vorgängen, mit imaginativen und emotionalen Prozessen verbunden sind.
Und das sind sie immer, die beruflichen Themen.
Coaching in Frage stellen
Weitere Unterschiedsdefinitionsversuche auf Coaching-Report.de:
Coaching wurde im Profit-Bereich entwickelt und findet hauptsächlich dort statt. Psychotherapie hingegen würde den Non-Profit-Bereich betreffen. So steht es im Coaching-Report sinngemäß.
Auch hier wird im Rahmen des Versuches einer Coaching-Definition deutlich, eng miteinander verbundene Themen und Lebensbereiche voneinander zu trennen.
Man kann jedoch nicht ernsthaft feststellen, dass z. B. in sozialen Bereichen keine Coachings stattfinden bzw. hochdotierte Manager sich nicht von Psychiatern wegen Panikattacken behandeln lassen bzw. zur Selbstmedikation in Form gesellschaftlich akzeptierter Substanzen (Alkohol, Nikotin) greifen.
Laut Coaching-Report steht beim Coaching „die berufliche Rolle bzw. damit zusammenhängende Anliegen des Klienten (Schwerpunkte: Leistung und Führung)“ im Vordergrund – mit einem konkreten Bezug zur Unternehmensrealität. Psychotherapie hingegen wird in vermeintlicher Abgrenzung zum Coaching als die „Bearbeitung tiefgehender privater und persönlicher (psychischer) Schwierigkeiten unter Berücksichtigung der individuellen Lebensgeschichte“ definiert, wobei die „thematisierten Probleme auch weiter zurückliegen können.“
Coaching soll keine Partei für nur einen Lebensbereich ergreifen
Diskussion dieses Punktes: Ein Coach, der die berufliche Funktion eines Menschen in den Vordergrund rückt, arbeitet de facto einseitig und parteiisch für einen, aber eben nur einen Bereich des Lebens. Parteiisch deshalb, weil „im Zweifelsfall“, wenn einem Manager eines Tages von der Ehefrau die Pistole auf die Brust gesetzt werden kann:
„Entweder mehr Zeit für die Familie oder keine Familie mehr“
Kein Manager kann die Entscheidung gegen die Familie treffen, wenn er einen Berater bzw. Coach aufsucht, der sich in beiden Welten immer wieder aufs neue ortskundig macht: im Berufsleben und in den komplexen systemischen Zusammenhängen von Familien. Die umfassende Coaching-Definition muss daher lauten: Beratung, die alles in den Blick nimmt.
Umgekehrt kann mancher Manager ohne eine Beratung, die seinen Zielkonflikt aufzeigt, in Versuchung geraten, seine im Coaching erworbenen und trainierten Ansprüche an „Überdurchschnittliche Leistungsentfaltung“ gegen den Erhalt der Familie durchzusetzen.
Da auf der Coaching-Report-Seite auch hier eine Definition von Psychotherapie steht, unterziehen wir diese hier ebenfalls einer kritischen Betrachtung.
Wer vermittelt eigentlich zwischen Coaches und Psychotherapeuten?
Wenn Psychotherapie überwiegend oder nur die Bearbeitung tiefgehender privater und persönlicher (psychischer) Schwierigkeiten unter Berücksichtigung der individuellen Lebensgeschichte“ sein soll, was unternimmt der Psychotherapeut dann, wenn die psychischen Schwierigkeiten z. B. mit einem tyrannischen Chef oder unklaren Arbeitsaufträgen und mit Zielkonflikten zu tun haben?
Bricht der Psychotherapeut dann die Therapie ab und schickt seinen Patienten zum Coach, weil der Coach die „die berufliche Rolle bzw. damit zusammenhängende Anliegen des Klienten (Schwerpunkte: Leistung und Führung)“ schließlich gelernt hat? (Diese Annahme entspräche einer oft verwendeten Coaching-Definition.)
Thematisierte Probleme können laut coaching-report.de bei der Psychotherapie weiter zurückliegen.
Doch gibt es diese Phänomene selbstverständlich nicht nur in der Psychotherapie. Selbstverständlich gibt es auch im beruflichen Beratungskontext Probleme, deren erstmaliges Auftreten lange zurückliegt und die durch fortgesetztes Wiederholen von Verhaltensweisen und beruflichen Beziehungen stabilisiert werden.
Selbstmanagement hier – Selbstchaos vermeintlich dort
Die Selbstmanagementfähigkeiten des Klienten müssten beim Coaching funktionstüchtig sein, wogegen der Mangel an Selbstmanagementfähigkeiten in der Regel eine Psychotherapie notwendig mache, schreibt der Autor beim Coaching-Report.
Auch hier ist eine Verkürzung der Sachverhalte unübersehbar. Nicht berücksichtigt wird hier, dass gerade im beruflichen Kontext oft Beratung von Personen nachgefragt wird, die ein Schwinden und Abhandenkommen ihres Selbstmanagements feststellen.
Wer sich mit einem klaren Ziel für eine – idealerweise systemische – Psychotherapie (ohne Abhängigkeitsentwicklung) entscheidet, beweist gerade damit ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit und Selbstmanagement. Eine Psychotherapie, die nicht auf der Basis von Gleichrangigkeit zwischen Therapeut und Klient stattfindet, die nicht die Kompetenzfokussierung und die Erhöhung der Wahlmöglichkeiten des Patienten in den Mittelpunkt stellt, ist falsch konzipiert und kontraindiziert. Parallel zur Coaching-Definition schreiben wir auch noch eine Psychotherapie-Definition.
Sound-Installation SONIC VISTA Frankfurt am Main – Welche Beschreibungen hören Sie von Ihren Klienten im Coaching?
Vermeintliche Unterschiede auf emotionaler Ebene zwischen Coaching und Psychotherapie
Der Coaching-Report beschreibt es im Rahmen seiner Coaching-Definition so: Im Coaching gehe es um eine „meist geringe emotionale Tiefe der thematisierten Probleme“, wohingegen in der Psychotherapie „oftmals tiefgehende emotionale Probleme thematisiert“ würden.
Hier stellt sich die Frage, wie wenig schwingungsfähig (empathisch) ein Coach sein muss, um zentrale Coaching-Themen von Klienten wie Karriere, Leistung, Angst vor Blamage, Scham, Ansehensverlust und Versagensangst nur eine geringe emotionale Tiefe beizumessen. Menschen geben ihre letzten Reserven, verschweigen gesundheitliche Probleme, gehen krank zur Arbeit (Presentismus), riskieren ihre Beziehungen und Familien, um im Beruf Anerkennung zu erlangen.
Auch im Coaching geht es emotional und psychosomatisch zu
Wer in Abrede stellt, dass dies berufliche Existenzfragen zu den hochemotionalen Themen zählen, die den Nachtschlaf und die Ausgeglichenheit nehmen, stellt einen wesentlichen Punkt in Frage, der bei jeder menschlich und professionell ausgewogenen Beratung unverzichtbar ist: die Untrennbarkeit der rationalen Anteile des Menschen von seinen emotionalen Anteilen. Jede Coaching-Definition, die dieses Beratungsformat darauf zu reduzieren versucht, dient nicht den Klienten.
Das ideale Coaching-Ergebnis: emotionale Manager!
Ein Manager, der keine emotionale Tiefe gegenüber seinen Mitarbeitern und Geschäftspartnern spüren und spüren lassen kann, wird als Technokrat (im schlimmsten Fall als Psychopath) enttarnt – und eher gemieden werden. Gerade das aber sollte nicht das Ziel eines Coachings sein. Wir brauchen keine kalten Funktionsträger.
Erfolgreiche Unternehmen beschäftigen Persönlichkeiten mit Verstand und Herz, mit Charakter und dem Mut, emotionale Wagnisse einzugehen, kritikfähig zu sein und zu Veränderungen bereit. Nur solche Personen werden als Leitfiguren anerkannt. Andere werden bestenfalls toleriert oder gefürchtet. Eine neue Coaching-Definition ist daher:
Gutes Coaching bringt emotional schwingungsfähige Manager hervor.
Welcher Coach wollte die Schwere von Problemen definieren?
Für schwerwiegende psychische Probleme ungeeignet sei das Coaching, schreibt der Coaching-Report weiter. Nur:
Wer definiert eigentlich, was ein schwerwiegendes psychisches Problem sein sollte? Der Coach?
Der darf solche Probleme gar nicht behandeln, weil er sie nicht einmal diagnostizieren kann. Das Herrschaftswissen, was schwerwiegende psychische Probleme sind, wird dem Psychotherapeuten zugesprochen, dem Seelenbehandler. Es muss bei dieser Weltordnung unter dem Dach einer solchen Coaching-Definition noch einen Dritten im Bunde geben: einen Berater fürs Körperliche, und den gibt es:
So sieht die Kompetenzaufteilung leider häufig aus:
- Der Coach behandelt das Management, den Organigramm-Insassen.
- Der Psychotherapeut behandelt isoliert von der Berufswelt die Psyche.
- Der Dritte behandelt den Körper – wiederum getrennt von Berufsträger und Psyche.
- Absurd?
Gehen Sie in eine orthopädische Praxis und befragen Sie zwei, drei Patienten mit Rückenschmerzen nach der Vorgeschichte ihrer Beschwerden. Oder hören Sie sich im Wartezimmer des Gastroenterologen nach den beruflichen und privaten Anforderungen von Ulcus-Patienten um.
Absurd ist eine Coaching-Definition, die Soma und Psyche getrennt einordnet und von diesen „Teilen“ getrennt auch noch das Betriebswirtschaftliche Individuum, den Organigramm-Insassen als eigenständiges Phänomen definiert.
„Ganzheitlich“ ist ein abgenutzter, hohler Begriff
Es ist für viele Coaches offenbar berückend, von 360°-Feedback zu sprechen. Ausgerechnet eine Konzeptidee, die offensichtlich auf der Abtrennung zentraler Existenzmerkmale des Menschen beruht, wird im Rahmen derartiger Coaching-Definitionen als ganzheitlich bezeichnet.
Eine umfassende, dem Menschen und seinem Menschsein gerecht werdende Beratung muss alle Bereiche des Menschen ansprechen und mit ihnen in einen tragfähigen Kontakt kommen: die Außenwelt (Berufs- und Familienrollen), die innere (emotionales Erleben) und die Verkörperung aller Aktion und Interaktion: die psychosomatischen Wechselprozesse.
Vor allem sollte es in der Beratung das oberste Ziel sein, alle Lebensbereiche in Einklang zu bringen. Dann ist Leistung so selbstverständlich wie ein tragfähiger Kompromiss mit der Familie. Als Resultat bekommt der Manager eine gute körperliche Gesundheit.
Konzepte und Ansätze, mit denen die vom Menschen selbst beschriebene, erschaffene und erlebte Realität des zu zerteilen suchen, definieren Beratungszuständigkeiten, die sich den Menschen von ihrem Einklang mit sich und vom Erleben von Stimmigkeit entfernen. Das kann nicht das Ziel von Beratung oder Coaching sein.
Wenn Coaching einseitig die Schlagzahl erhöht, ist Verschleiß die Folge
Wer Produktionsprozesse kennt, in denen Maschinen laufen, weiß: überdurchschnittliche Leistung erhöht den Verschleiß.
Überdurchschnittliche Leistungsentfaltung sei das Ziel von Coaching, so schreibt der Rauen-Coaching-Report
Für Leistung werden Manager bezahlt. Und für den Versuch, permanent überdurchschnittlich zu sein, bezahlen wiederum viele Manager und ihre Familien.
Als Unterscheidungsmerkmal zum Coaching wird im Coaching-Report angeführt, in der Psychotherapie gäbe es eine „Häufige Pathologisierung nicht durchschnittlichen Verhaltens“.
Das würde, wollte man diese Coaching-Definition zu Ende denken, bedeuten, dass ein überdurchschnittlich leistungsbereiter Manager von einem Psychotherapeuten für krank erklärt werden müsste – auf der anderen Seite aber ein Mensch, der überdurchschnittlich viel leistet, um sich permanent von seiner Sicherheit zu überzeugen, vom Coach für gesund erklärt wird.
Dieser Versuch der Differenzierung verwässert lediglich, dass es in jeder Form von sinnvoller Beratung vor allen um ein zentrales Thema gehen sollte. Dies hat Dr. Gunther Schmidt, Leiter des Milton-Erickson-Insitutes in Heidelberg und der sysTelios-Klinik in Siedelsbrunn, in einem seiner Vorträge genannt, und so wird es auch korrekt zitiert: das Pareto-Optimum und das Ambivalenz-Coaching.
Pareto-Optimum im Job und in den inneren Bilanzen
Wer als Berater – ob er nun Psychotherapeut oder Coach oder systemischer Berater auf seinem Türschild stehen hat – wirklich gute Leistung für seine Klienten bringen will, wird mit ihnen vereinbaren, für eine gute Gesamtbilanz zu arbeiten. So viel Leistung und so viel Distanz, wie es gesund ist. So viel gute Tage und so viele weniger gute, wie es das Leben nun einmal mit sich bringen kann: ohne jegliche Ansprüche an eine streitfreie, angstfreie und immer eindeutige Welt.
Verantwortung im Coaching und in der Psychotherapie
Der nächste Punkt in der Gegenüberstellung von Coaching und Psychotherapie verdient eine noch intensivere Betrachtung: „Coach und Klient bestimmen [im Coaching] zusammen Inhalt und Ablauf; der Klient behält die Verantwortung für sein Handeln.“ [In der Psychotherapie:] „Oftmals Übernahme der Verantwortung durch den Therapeuten, der auch Inhalt und Ablauf bestimmt.“
Beides – die vermeintliche Coaching-Definition und der Versuch, der Psychotherapie hauptsächlich Therapeutengestaltung zuzubilligen – verkennen sowohl die Realität als auch die wünschenswerte Professionalität von Coaching wie von Psychotherapie.
Im idealen Fall wäre es vielleicht wirklich so, dass Coach und Klient gemeinsam Inhalt und Ablauf des Coachings besprechen – könnten sie ihn vorhersehen.
In der Realität sieht es jedoch so aus, und das wird schon vom Setting definiert:
- Dort sitzt der erfahrene Berater – und hier sitze ich, der weniger wissende Coachee (eine solche Coaching-Definition ist barer Unsinn)
- Das definiert eine ungünstige Hierarchie in der Kompetenz, die Kompetenz des Klienten zu bewerten und den Plan für das Coaching zu entwickeln.
Wie wollte man von vornherein die Inhalte und den Ablauf eines dynamischen Prozesses bestimmen, ohne sich dabei unzulässig festzulegen? Jede Sitzung kann die letzte sein, das ist für uns in der Praxis in Frankfurt das oberste Gebot. So haben unsere Klienten jederzeit die Möglichkeit, sich (wieder) für kompetent genug zu erklären und die Beratung abzuschließen.
Coaching braucht Raum für Überraschungen
Ein dynamischer Prozess wie die Analyse und die Erkenntnisgewinnung im Rahmen bislang unentdeckt ablaufender Muster lässt sich nicht im Detail planen.
Und wenn im Coaching kein Raum für Überraschungen ist, bleibt es eindimensional und langweilig. Viele Coaching-Episoden ließen sich deutlich verkürzen, würde von Anfang an weniger auf das inhaltliche, methodische oder kalendarische Vorgehen (und die Coaching-Definition) fokussiert werden – als auf das vereinbarte Ziel.
Das Ziel kann jederzeit erreicht sein.
Die traurige, aber durchaus vermeidbare Realität in psychotherapeutischen Symbiosen ist im Coaching-Report treffend, aber unkritisch beschrieben: „Oftmals Übernahme der Verantwortung durch den Therapeuten, der auch Inhalt und Ablauf bestimmt.“
Verantwortung kann nur übernehmen, wer auch die Kontrolle hat. Entweder ist das der Klient aus freien Stücken – oder im krassen Fall ein schwer erkrankter (z. B. psychotisch sich präsentierender Mensch) in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung. Daher trifft diese Beschreibung nur in Worst-Case-Situationen zu: wenn sich Psychotherapeuten unzulässig dazu aufschwingen, ihre Patienten in Sachen Verantwortung und damit Selbstbestimmung einzuschränken.
Jeder Psychotherapeut ist dazu verpflichtet, im Falle einer sich abzeichnenden oder angedeuteten Suizidalität die Verantwortung für seinen Patienten abzugeben, die im Falle einer Selbst- oder Fremdgefährdung einzuschalten sind.
Leider sind vor allem Verfahren wie die Verhaltenstherapie darauf ausgelegt, dem Psychotherapeuten die Oberhand zu geben, die Bestimmungshoheit über den Ablauf der Therapie.
Für wen ist ein Coaching, für wen eine Psychotherapie eigentlich gedacht und gemacht?
Wenn man hier einmal alle Differenzierungen zwischen den beiden Verfahren beiseite lässt, dann gilt in beiden Fällen:
• Menschen suchen in Beratungskontexten nach Lösungen für Probleme, die sie alleine nicht lösen zu können glauben.
• Viele leben in einer Welt, in der sie für alles Erklärungen und Lösungen suchen. Das kann zum Problem werden
Beide Sätze lassen eine allzu eng gefasste Coaching-Definition als unangebracht erscheinen.
Zielorientiertes vs. ursachenorientiertes Vorgehen – und wo bleiben die täglich anwendbaren Lösungen?
Weiter auf coaching-report.de: Im Coaching würde es um die zielorientierte Bearbeitung von Anliegen gehen und das Erreichen eines Soll-Zustandes; in der Psychotherapie würde es – zwar nicht ausschließlich, aber laut Coaching-Report oftmals – um „ursachenorientiertes Analysieren von Problemen“ gehen.
Beide Beschreibungen passen nicht zu professioneller Beratung. Nicht von dem eignet sich für eine Coaching-Definition, die dem Gegenstand der Beratung gerecht würde.
Coaching ist keine „Zustands-Herstellung“
Nicht erst die Hirnforschung hat gezeigt, dass es „den einen Soll-Zustand im Leben oder im Beruf“ nicht geben kann.
Das ist ein alter Hut.
Jede Beschreibung eines Zustandes ist notwendigerweise eine Momentaufnahme. Wie ein Foto aus einer Sofortbildkamera.
Es kann nicht ernsthaft das Ziel oder die Definition von Coaching sein, einen statischen Lebenszustand herzustellen. Vielmehr ist es erstrebenswert, Klienten beim Aufbau einer Haltung zu begleiten, aus der heraus sie mit den ständig wechselnden Umgebungsbedingungen beruflich wie privat angemessen umgehen können:
• in ständiger Ambivalenz und im Wissen um das notwendige Abwägen zwischen und das Verhandeln mit Loyalitäten
• im Bewusstsein und in der Akzeptanz der Unsicherheiten, die ein Berufsleben und ein Privatleben mit sich bringen
Psychotherapie darf keine Problem-Analyse-Veranstaltung sein
Die Bezeichnung „ursachenorientiertes Analysieren von Problemen“ passt zur Steinzeit der Beratung, als man die Menschen noch mit monokausalen Ursache-Wirkungsmodellen drangsalierte:
„Weil du so viel Angst hast, müssen wir dich kontrollieren.“
„Weil sie ständig niedergeschlagen ist, geht es uns nicht gut. Also bekommt sie Tabletten.“
Eine lösungsorientierte Beratung – und lösungsorientiert sollte eine Beratung immer sein, denn Klienten suchen nach Lösungen – fragt weniger danach, woher etwas kommt. Sie fragt nach den wahrscheinlichen Auswirkungen, wenn Denkweisen, Bezeichnungen und Entscheidungen in verschiedener Weise verändert werden.
Lösungsorientierung darf aber auch nicht zu weit gehen. Auch der Umstand der Lösungslosigkeit ist unbedingt mit einzubeziehen. Es gibt Situationen, in denen bei Anwesenheit von Unlösbarkeit ein Kompromiss zu erzielen ist. Dies zählt dann zu einer einigermaßen vollständigen Psychotherapie-Definition.
Macht, Hierarchie und weitere Irrtümer
Auch bei den alles beherrschenden Themen rund um Autoritäten bietet der Coaching-Report erstaunliche Hypothesen und Definitionsversuche:
Im Coaching würden Themen wie „Macht” und „Hierarchien“ eher akzeptiert als kritisiert.
Wenn damit ein häufig auftretendes Machtgefälle zwischen Coach und Coachee gemeint wäre, würde dieser Satz zutreffen. Es ist aber anzunehmen, dass der Verfasser des Coaching-Reports davon ausgeht, im Berufsleben würden die Bereiche Macht und Hierarchie weitgehend kritikfrei akzeptiert.
Diese Hypothese widerspricht – auf jeden Fall bei FFM Coaching Associates – dem erlebten Beratungsalltag.
Gerade im beruflichen Coaching sind Macht und Hierarchie hochemotional besetzte und häufig bearbeitete Themen:
- Vorgesetzte werden als inkompetent erlebt
- Fehlendes Fachwissen führt zu Verdruss, weil Leistung ausgebremst wird
- Chefs, die gute Konzepte in der Schublade verschwinden lassen, weil sie nicht von ihnen stammen, üben Macht aus. Das sind zentrale Themen in unseren
- Beratungen.
- Die meiste Kritik besteht am Vorgesetztenverhalten
- Innere Kündigungen werden unausgesprochen den Machthabern im Unternehmen ausgestellt
- Abteilungen verlieren ihr Gefüge, wenn kein klares Hierarchiekonzept – auch was die Priorisierung von Arbeit betrifft, besteht.
- Mobbing entsteht häufig dort, wo ein Machtvakuum herrscht:
– keiner fühlt sich zuständig,
– im systembedingter Selbstorganisation entsteht eine wilde Machtdynamik gegen einzelne oder Teams im Unternehmen
Warum eigentlich hohe Kosten?
Der Rauen-Coaching-Report verweist auf „meist hohe Kosten bei den Varianten mit externem Coach.“
Ob Kosten tatsächlich hoch sind, lässt sich natürlich immer am besten in Relation zum Ergebnis beurteilen. Eine Coaching-Definition also in der Rückschau:
Wenn man mit einigen Coaching-Sitzungen eine erwünschte Optimierung für einen Mitarbeiter und seine Abteilung erreicht, dann sind das keine hohen Kosten im Vergleich zu jenen Kosten, die ohne die Beratung hätten entstehen können.
Wenn man viele Sitzungen für viel Geld darauf verwendet, wenig bzw. nichts zu erreichen, dann ist schon die erste Sitzung vergeblich ausgegebenes Geld gewesen.
Für die Psychotherapie wird in Abgrenzung zum Coaching festgestellt, die Kosten würden von den Versicherungsträgern (Krankenkassen) übernommen. Dennoch sind es, wenn sie die Patienten auch nicht aus der eigenen Tasche bezahlen müssen, hohe Kosten. Auch persönliche Kosten.
Das Ticket für eine krankenkassenfinanzierte Psychotherapie ist immer eine Krankheits- oder Störungsdiagnose nach DSM V oder ICD-10. Nur wer als krank oder gestört eingestuft wird, kann im Rahmen einer Psychotherapie kostenlos behandelt werden. Ein Mensch, der sich aus plausiblen Gründen übermäßig sorgt, seiner Sorge gerne Ausdruck verleihen und Lösungsideen zur Veränderung der Situation sucht, muss den Weg über eine angebliche Krankheit gehen: nicht gerade die Idealvoraussetzungen, um einen oder zwei Schritte weiterzukommen.
Wie lange dauert Coaching?
Coaching wird im Coaching-Report als kurz- bis mittelfristige Maßnahme beschrieben. Wenn man dem gegenüberstellt, dass in der Psychotherapie eine Kurzzeit(!)therapie aus 25 Stunden besteht, wie lange mag dann ein mittelfristiges Coaching im Rahmen dieser Coaching-Definition dauern?
Zwischen einer und ca. vier bis sechs Sitzungen bei FFM Coaching (ffm-coaching.com)
Bei uns in Frankfurt gibt es klar definiertes Kurzzeit-Coaching:
Es gibt Situationen, da reicht schon eine Sitzung. Viel mehr als vier bis sechs Coaching-Sitzungen sind selten erforderlich.
Dies von vornherein offen zu kommunizieren hat eine wirklichkeitsbahnende Wirkung bei unseren Klienten.
Wenn Menschen wissen und spüren, dass sie für kompetent erklärt werden und ihr Anliegen in überschaubarer Zeit bearbeiten können, sind sie innerlich schon auf einem guten Weg, bevor sie sich auf den Weg zum Coaching machen.
Coaching-Angebote – 8 Beispiele
- Führungsberatung / Executive Coaching
- Stress-Management und Burnout-Prävention
- Konflikt- und Krisenmanagement
- Change-Management
- Beförderung bzw. Stellenwechsel / Outplacement-Beratung
- Teamentwicklung / Organisationsentwicklung
- Zielentwicklung zum Aufbau von Motivation
- Aufbau und Optimierung von Work-Life-Balance
Im Zusammenhang mit Coaching-Definition oft gesucht
Zum Thema Coachingdefinitionen gibt es verwandte Unterthemen. Informieren Sie sich auch zu diesen:
- Business Coaching Themen
- Ausbildung zum Coach
- Unterschied Beratung Coaching
- Was bringt Coaching
- Definition Systemisches Coaching
- Karriere-Coaching
- Top-Management-Coaching
- Team-Coaching Methoden
- Coach und Coachee
- Selbstreflexion
- Kompetenzen